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4-Tage-Woche und Co. – Leben und Arbeiten gut aufeinander abstimmen

Die 4-Tage-Woche ist aktuell eines der ganz großen Themen in unserer Branche.

Es gibt eine Reihe von Kanzleien, die sie ausprobieren. Einige „leben“ sie tatsächlich schon. Auch im delfi-net gibt es bereits mehrere Kanzleien, die sich für dieses Arbeitszeitmodell entschieden haben. Auf unserem Weg zu flexibleren Arbeitszeiten haben wir dann schnell gemerkt: Da müssen wir richtig Hirnschmalz investieren und uns gut abstimmen, was wirklich für jeden von uns passt. Vom Azubi bis zum Chef. Und natürlich auch für unsere Mandanten.

Die 4-Tage-Woche ist dabei nicht das einzige Modell, die Arbeitszeit zu flexibilisieren und damit die Arbeit dem Leben anzupassen statt wie „früher“ umgekehrt.
Auf unserem Entscheidungsweg haben wir uns viele Fragen gestellt. Die wichtigsten zeige ich Euch hier, weil wir denken, dass sie Euch auf Eurem Weg nützlich sein werden.

Ist die 4-Tage-Woche das richtige für uns?

Auf die Idee sind wir gekommen, weil wir bei den delfi-net Treffen immer wieder Wege suchen, neue MitarbeiterInnen zu finden – das Problem habt Ihr sicher in Eurer Kanzlei auch, oder? Bei der Analyse der vielen Stellenanzeigen fallen zwei Begriffe immer wieder: „Homeoffice „und „4-Tage-Woche“.

Homeoffice haben wir schon lange, davon habe ich im Blogbeitrag Homeoffice berichtet.

Die 4-Tage-Woche scheint auch zu „ziehen“. Hörte sich auch für meine Kollegen und mich sofort  total attraktiv an. Als erstes haben wir uns angeschaut, wie wir denn jetzt arbeiten.

Ausgangslage analysieren – wie/ wann arbeiten wir heute

Und siehe da: In unserer Kanzlei gibt es schon eine ganze Reihe von Arbeitszeitmodellen:

  • Jenny, unsere „Orga-Heldin“, arbeitet „klassisch“ von 8:00 bis 17:00 Uhr, freitags schließt die Kanzlei um 13:00 Uhr.
  • Sabine macht überwiegend Jahresabschlüsse. Sie arbeitet schon seit einiger Zeit „ergebnisorientiert“ – ihre Arbeitszeit ist komplett flexibel in Kombi mit viel Homeoffice.
  • Jutta hat ja zwei Kinder von 5 und 8 Jahren. Die sorgen per se schon für Flexibilität. 😉
  • Leon, unser Azubi ,hat einen Tag Schule die Woche und kommt die restlichen 4 Tage von 8:00 bis 16:30 Uhr
  • Jasmin hat in ihrer alten Kanzlei in Berlin eh schon 4-Tage Woche gehabt und das auch hier weiter geführt – arbeitet aktuell also Teilzeit.
  • Julia verteilt ihre 32 Stunden auf 5 Tage

Da sag  noch mal einer, wir sind nicht flexibel wie Gummibärchen. Ist manchmal in Sachen Zusammenarbeit und Erreichbarkeit auch eine echte Herausforderung. Dazu mehr im Blogbeitrag „interne Kommunikation“.
Was uns bei dieser Analyse klar geworden ist: Jeder von uns hat sein eigenes Leben und damit eigene Vorstellungen, wie sich die Arbeit „einpassen“ lässt.

Smartee mit Idee

Erkenntnis 1:
Die Bandbreite zwischen „Jeder arbeitet, wann er will“ und „Alle arbeiten 5 Tage, die Woche“ ist riesig.

Erkenntnis 2:
Wir selbst und unsere Mandanten leben schon lange Flexibilität bei der Arbeit.

Eine gute Basis um weiter an dem Thema zu denken – das konkrete Arbeiten kommt dann eh erst später.
Für uns stellte sich die Frage: Ist die 4-Tage-Woche das System, dass für uns wirklich passt? Und was gibt es sonst noch?

4-Tage-Woche und Co. Ein Überblick

Eine erste Abfrage mit ChatGPT ergab gleich eine ziemlich lange Liste mit Arbeitszeitmodellen.
Feste Arbeitszeiten, Gleitzeit und Teilzeit kennen wir alle.
Hier die „Neuen“:

  • 4-Tage-Woche
  • Voll flexible Arbeitszeiten – nur der Umfang der Arbeitszeit ist fest gelegt.
  • Vertrauensarbeitszeit – hier wird nicht „kontrolliert“ – beißt sich natürlich mit dem neuen „Stechkartengesetz“.
  • Saisonale Arbeit – durchaus vorstellbar zum Beispiel für Kollegen, die ausschließlich Abschlüsse machen.
  • Arbeitszeitkonten – Nur die Jahresarbeitszeit steht fest, der Rest wird nach Belieben (und natürlich nach Notwendigkeit) verteilt.
  • Familiäre Arbeitszeitmodelle – meist eine Kombi aus den anderen genannten – begrenzt auf die Elternzeit
  • Langzeit-Urlaub Sabbatical – hier geht es darum längere Auszeiten (meist deutlich mehr als 6 Wochen) anzusparen.
  • Flex-Friday – dabei bleibt der Freitag grundsätzlich frei, die Mitarbeiter haben aber die Option arbeiten zu kommen, wenn sie es denn wollen. Das Modell basiert auf der 4-Tage-Woche, ohne den „Beton“ Frei-tag.

Wie Ihr sicher auch seht, ist nicht jedes Modell für die gesamte Kanzlei geeignet.
Wir haben entschieden, dass für uns nur zwei „Grundmodelle“ in Frage kommen: die 4-Tage-Woche oder die voll flexiblen Arbeitszeiten. Das heißt ja nicht, dass wir in Einzelfällen nicht mit anderen Modellen kombinieren können.

4-Tage-Woche im Klartext

Die eigentliche Herausforderung ist, das Schlagwort mit Leben zu füllen und auf die eigene Kanzlei anzupassen.

Was ist klar?

4 : 3

Bei der 4-Tage-Woche wird an 4 Tagen gearbeitet, 3 Tage wird nicht gearbeitet. Der „freie“ Tag ist nicht unbedingt der Freitag, er bietet sich aus unserer Sicht aber an.
Auch im allgemeinen Sprachgebrauch wird die 4-Tage-Woche so verwendet: Freitag ist frei. Insoweit muss man da weder nach innen, noch nach außen gegenüber Mandanten und potentiellen Mitarbeitern großartige Erklärungen abgeben.

Reduzierte Arbeitszeit

Die Arbeitszeit wird reduziert – sprich die Arbeitszeit, die bisher am Freitag gearbeitet wurde, fällt weg. Das bedeutet bei einem bisher voll gearbeiteten Freitag dann bei ursprünglich 40 Stunden/ Woche eine neue Arbeitszeit von 32 Stunden. Dann fallen also tatsächlich 20 % der bisherigen Arbeitszeit weg. Bei uns fallen „nur“ 6 Stunde weg, da wir eh freitags nur bis 13:00 Uhr gearbeitet haben. Bei uns werden also bei Vollzeit 34 Stunden auf 4 Tage verteilt.

Arbeitsumfang bleibt

Die Arbeit selbst bleibt grundsätzlich gleich. Die Idee dahinter: Da ist immer noch „Luft“, um die Effizienz zu erhöhen – dazu später mehr.

Gehalt bleibt

Das nennt man dann wohl „voller Lohnausgleich“. Bei gleicher Arbeit passt das.

 

Frei-Tag

Die Kanzlei ist am Freitag nicht erreichbar für Externe. Auch untereinander herrscht Funkstille.

Was ist unklar bzw. was muss geregelt werden?

Die wichtigsten Themen bei uns sind:

TeilzeitmitarbeiterInnen

Alternative 1: Sie reduzieren anteilig ihre Arbeitszeit wie die Vollzeitmitarbeiter.
Alternative 2: Wo das nicht möglich oder nicht sinnvoll ist, wird das Gehalt entsprechend angehoben. Wir haben zum Beispiel eine Kollegin, die 10 Stunden im Monat kommt.

Auszubildende

Wenn der Schultag nicht „zufällig“ auf den Freitag fällt, muss es eine Regelung geben. Soll der Auszubildende dann freitags allein in der Kanzlei sitzen?
Homeoffice ist für Azubis ja rechtlich nicht vorgesehen. Da ist Kreativität gefragt.
Im Moment haben unsere Chefs die 4-Tage-Woche für sich selbst (noch) nicht umgesetzt. Daher ist Leon freitags mit mindestens einem Chef in der Kanzlei. Danach überlegen wir neu.

Thema: Lohnsachbearbeitung

Lohn ist Terminsache. Wir machen für unsere Mandanten auch die Sofortmeldungen. Da scheint der freie Freitag schwer umsetzbar.
Ein Tipp aus dem delfi-net hat uns geholfen:
Ab sofort machen die Mandanten ihre Sofortmeldungen selber. Unsere Lohnsachbearbeiter haben die Erlaubnis Freitags ausnahmsweise zu arbeiten, wenn die „Datumsgrenze Lohn“ bei Stundenlöhne ungünstig fällt. Geht schon irgendwie seltsam über die Zunge oder: Die Erlaubnis zu arbeiten 😇

Notfallnummer?

Besonders viel Respekt hatten wir davor, unseren Mandanten zu sagen: „Freitags sind wir nicht erreichbar.“
Die Überraschung für uns: Unsere Mandanten haben fast alle total entspannt reagiert. Da war sogar Bewunderung und Neugier dabei. Das Thema spielt offenbar auch bei unseren Mandanten dieselbe Rolle wie bei uns.
Wir haben unseren AB am Freitag mit einem Hinweis auf unsere 4-Tage-Woche laufen.
Ergebnis der ersten Wochen: 95 % der Anrufer (es waren durchschnittlich unter 10) haben einfach wieder aufgelegt. Eine Krankenkasse hat um Rückruf am Montag gebeten. Im Moment ist ja Leon freitags in der Kanzlei. Ansonsten werden wir uns irgendwie beim Abhören des AB abwechseln.

Fortbildung Organisation

Effizienzgewinne realisieren – wie schaffen wir die Arbeit

Gleiche Arbeit bei weniger Stunden? Da darf man kurz die Frage stellen: Haben wir vorher so viel gequatscht und gebummelt, dass das schon passen wird? Hmm.
Bei uns reduziert sich die Arbeitszeit um 15 % (34 statt 40 Stunden).
10 % „Luft“ konnten wir uns vorstellen – da kann man mal einen Zahn zulegen – aber schafft man das auf Dauer? 15 % haben wir als echte Herausforderung gesehen. Andere Kanzleien müssten  ja 20 % „einsparen“. Doppel Hmm.
Ohne also an der Arbeit selbst etwas zu verändern, wird das aus unserer Sicht auf Dauer nicht klappen.

Digitalisierung ausreizen

Da kommt die Digitalisierung wieder ins Spiel. Wir sind schon ziemlich digital und waren skeptisch, ob das wirklich noch zusätzlich Entlastung bringen kann.
Irgendwas geht tatsächlich immer – und es kommen ja auch immer neue Möglichkeiten dazu.
Was haben wir bei uns gefunden?

Wir haben uns eine Übersicht gemacht bzw. unsere Digitalisierungsauswertungen der Datev genutzt, um zu schauen, bei welchen Mandanten wir noch nicht wirklich alles ausnutzen.
Und wir sind fündig geworden: Ob Scannen für Mandanten, die digitale Unterschrift, die digitale Belegeinreichung über eine Plattform (auch für die Einkommensteuer), oder die Einrichtung von Schnittstellen, die uns die Mandantendaten direkt zuspielen (vor allem auch bei „Kassenpatienten“ und im Lohn), … Da gab es noch jede Menge „Ausreisser“
Und wir haben doch tatsächlich auch noch 5 Mandanten gefunden, die immer noch keinen Kontoauszugsmanager haben – Schande über uns.

Interne Kommunikation verschlanken

Und damit meine ich nicht das „Quatschen“. Wir schreiben intern keine Mails mehr, sondern tauschen uns über ein Chatprogramm aus. Telefonieren kommt nur zum Zuge, wenn es per Chat gar nicht funktioniert. Unsere Meetings haben wir stark verkürzt. 20 Min am Stehtisch oder auf zoom ist unsere Obergrenze – und ja, da fällt tatsächlich auch das Quatschen mit weg. 😇
Insbesondere überlegen wir jetzt vorher immer, wer von uns beim Meeting wirklich dabei sein muss. Arbeitsbesprechungen finden meist 1:1 mit dem Chef oder einem Teamleiter statt. Dadurch hat unser „Meeting-Fatigue“ – also die Langeweile und damit Ermüdung durch zu lange Meetings mit Themen, die einen selbst gar nicht betreffen – deutlich abgenommen und wir sparen Zeit.

smartee mit Grafik

Mandanten auf den Prüfstand stellen

Unsere Chefs sind bei der Neuannahme von Mandanten schon viel umsichtiger geworden. Die knappen Kapazitäten während der Pandemie haben da Spuren hinterlassen. Digitalisierung ist für Neumandate zumindest nach einer Anlaufphase Pflicht und wer sich nicht an unsere Spielregeln hält (Anlieferung Belege, Reaktionszeit Rückfragen, etc.), wird konsequent daran erinnert und in die Verantwortung genommen.
Trotzdem sind bei der Vorbereitung auf die 4-Tage-Woche noch ein paar Mandanten aufgefallen, für die unsere neue digitale Art einfach nicht passt. Von diesen Mandanten werden wir uns trennen.

Dienstleistungen auf den Prüfstand stellen

Unsere Chefs haben in dem Zusammenhang auch noch einmal ihr Dienstleistungs-Portfolio durchforstet. Dabei haben sie fest gestellt, dass die Baulohnabrechnungen, die wir für 3 Mandanten machen, unverhältnismäßig viel Zeit kosten – auch an Fortbildung. Daher werden diese Lohnbuchhaltungen nun an einen externen Dienstleister, den uns eine deli-net Kanzlei empfohlen hat, outgesourct. Ich sehe ja die Zahlen der Kanzlei nicht bis ins letzte, aber meine Chefin meinte, dass wir mit den „normalen“ Löhnen mittlerweile so gut verdienen, dass wir die Baulöhne „loslassen“ können.
Damit hatten wir übrigens das Thema „Sofortmeldungen“ an der Stelle auch gleich erledigt 😎

Fazit: 4-Tage-Woche – Machen wir

Alles in allem sind wir zuversichtlich, dass für uns die 4-Tage-Woche jetzt das richtige Arbeitszeitmodell ist. Wir haben auch mit der komplett variablen Arbeitszeit geliebäugelt und können uns gut vorstellen, dass sich auf Dauer genau das bei uns ergeben wird.  So sehen wir die 4-Tage-Woche als den jetzt nächsten großen Schritt in Richtung „Work-Private-Balance“ an. Mal sehen, was uns die Erfahrung lehrt.

Hier ist unser ultimativer Tipp dazu: Gönnt Euch bei diesem Thema eine gute Vorbereitungszeit und vereinbart einen Testzeitraum, ehe Ihr das für Euch ideale Modell „scharf“ schaltet. Denn: In eine Stellenanzeige ist die 4-Tage-Woche schnell geschrieben – liefern muss die Kanzlei aber im Alltag. Und das eben nicht nur für neue Mitarbeiter, sondern für uns, das bestehende Team.
Übrigens: Damit der soziale Austausch nicht zu kurz kommt, haben wir uns überlegt, dass wir uns einen Freitag im Monat zu einem Frühstück oder Ausflug treffen – in der Kanzlei oder bei einem von uns. Freiwillig natürlich – denn der Frei-Tag ist uns jetzt ja heilig. 😂

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